Derselbe Opernstoff aus unterschiedlicher Sicht
- Mittwoch, 22. Februar 2023 18:48
- Von Christine Gehringer
Händel-Festspiele Karlsruhe: Das Gala-Konzert stellte den Textdichter Pietro Metastasio in den Mittelpunkt
Kuzweilige Stunden: Roberta Mameli und Carlo Vistoli beim Galakonzert zwei im Großen Haus des Staatstheaters. (Foto: Felix Grünschloß)
Nicht Komponisten oder Frauengestalten standen im Fokus, nein: „Metastasio vincit omnia“ lautete der Titel des diesjährigen Gala-Konzerts im Rahmen der Händel-Festspiele. In der Tat war es ein Siegeszug, den der berühmteste Operndichter des 18. Jahrhunderts (sein Künstlername heißt ja nicht von ungefähr „Der Grenzüberschreitende“) antrat: Metastasios „Siroe“-Stoff wurde mehr als 30 Mal vertont, nicht nur von Georg Friedrich Händel, sondern beispielsweise auch von Johann Adolph Hasse.
Hauptsächlich diese beiden Komponisten nahm das Konzert in den Blick, und damit war der Abend zugleich auch ein Vorgeschmack auf die kommenden Karlsruher Händel-Festspiele. Gefeiert für ihr sprühendes Musizierfeuer wurden die Sopranistin Roberta Mameli und der Countertenor Carlo Vistoli, dazu die Badische Staatskapelle mit Attilio Cremonesi am Pult.
(Hinweis: Der italienische Barockspezialist leitet auch das Oratorium „La Resurrezione“ am kommenden Sonntag, den 26. Februar mit dem Händelfestspielorchester Halle).
Barockes Sängerfest vor ästhetischer Kulisse
- Montag, 20. Februar 2023 21:22
- Von Christine Gehringer
Händel-Festspiele Karlsruhe mit "Ottone, Re di Germania" eröffnet
Musikalisch und optisch gelungen: Händels "Ottone" in Karlsruhe (Foto: Felix Grünschloß)
Die Hauptproduktion der vergangenen Händel-Festspiele - „Hercules“, auch in diesem Jahr in Karlsruhe zu sehen - ist überladen und verwirrend ob ihrer ständigen Rückblenden. Ein wohltuender Kontrast dazu gelingt jetzt mit „Ottone, Re di Germania“ in der Inszenierung von Carlos Wagner.
Der Venezolaner hat den Ottonen-Stoff mit Händels „Lotario“ in Göttingen bereits 2017 auf die Bühne gebracht. In Karlsruhe schuf er ein ausgewogenes, ästhetisch ansprechendes Werk: Unaufdringlich und symbolhaft, ganz die Personen und ihre Leidenschaften in den Vordergrund rückend – so, wie es Händels Musik vorsieht.
Weitere Aufführungen gibt es noch am 26. Februar, am 1. und 3. März; für alle Vorstellungen sind noch Restkarten erhältlich. (Hinweis: Für einige Veranstaltungen der Festspiele 2024 läuft bereits der Vorverkauf).
Mit großer Erzählkunst
- Donnerstag, 16. Februar 2023 21:16
- Von Christine Gehringer
Altistin Seda Amir-Karayan sang bei der Ettlinger Schubertiade
Einfühlsame Liedinterpretin: Seda Amir-Karayan und Thomas Seyboldt mit Werken von Schumann, Wolf und Schubert im Ettlinger Schloss. (Foto: Gehringer)
Im Frühjahr 2020 wurden die Besucher der Ettlinger Schubertiade Zeugen eines besonderen Liederabends: Die Altistin Seda Amir-Karayan gastierte mit einem deutsch-armenischen Programm im Asamsaal, sang unter anderem Schumanns Zyklus „Frauenliebe und -leben“. Es war eines der letzten Konzerte vor dem Lockdown, und man kann nur sagen: Zum Glück kam es noch zustande.
Umso mehr wird es die Gäste gefreut haben, dass die sympathische Künstlerin jetzt wieder in Ettlingen auftrat – und erneut hinterließ sie mit Liedern von Schumann, Schubert und Hugo Wolf einen großartigen Eindruck.
Aufgepeitscht und voller Schönheit
- Mittwoch, 15. Februar 2023 17:03
- Von Christine Gehringer
Karlsruher Meisterkonzert: Anna Vinnitskaya spielte Rachmaninow im Konzerthaus
Pianisten schwärmen von der Leidenschaft und der Emotionalität in Rachmaninows zweitem Klavierkonzert – und so war auch der Abend im Konzerthaus Karlsruhe überschrieben: „Große Emotionen“. Dahinter verbarg sich in der Tat ein großartiger Abend; es spielten die Pianistin Anna Vinnitskaya und die Deutsche Radiophilharmonie unter Pietari Inkinen.
(Foto: Gela Megrelidze/PR)
Jugend musiziert: Anmerkungen zum zweiten Preisträgerkonzert im Ordensteinsaal
- Dienstag, 14. Februar 2023 12:03
- Von Claus-Dieter Hanauer
„Jugend musiziert“, das wohl renommierteste Musikförderprojekt unseres Landes, lädt seit vielen Jahren junge Musikerinnen und Musiker zum Mitspielen ein. Für viele von ihnen ist es oder war es aus späterer Sicht der erste Schritt in ein erfolgreiches und erfüllendes Musikerleben. Ziel ist es jedoch nicht in erster Linie, Virtuosen und zukünftige Stars zu „produzieren“, sondern junge Menschen damit vertraut zu machen, dass sich dauerhafter Erfolg nur durch beständiges Anstrengen einstellt.
„Jugend musiziert“ vollzieht sich jedes Jahr auf Regionalebene mit der Möglichkeit zur Weiterleitung auf Landes- oder gar Bundesebene, wenn Höchstbewertungen erreicht werden. Dabei werden insgesamt acht Altersstufen berücksichtigt, um eine valide Vergleichsmöglichkeit zu erreichen, dieses Jahr von der Altersgruppe (AG) Ia (geb. 2015, 2016 und später) bis hin zur AG VII (geb. 1996 bis 2001).
Nach Abschluss des hiesigen Regionalwettbewerbs, der, 1964 zum ersten Mal ausgetragen, nach den Pandemiejahren in seinem 60. Jubiläumsjahr wieder unbeschränkt stattfinden konnte, fand im Ordensteinsaal des Badischen Konservatoriums ein Konzert der Trägerinnen und Träger der 1. Preise in den Kategorien Klavier, Harfe, Gitarre, Gesang und Streicherensemble statt.
Von den zahlreich vertretenen Pianistinnen und Pianisten machte Evan Wang (AG III, geb. 2009 u. 2010) den flotten Anfang mit Gershwins 1917 entstandenem Rag „Rialto Ripples“. In seiner Alterstufe kam auch Vincent Henry Ripcke angemessen perkussiv und pointiert mit dem Allegro con spirito aus dem ab 1951 komponierten elfteiligen Zyklus „Musica ricercata“ von György Ligeti zu Gehör. In der jüngsten Altersgruppe Ia war Lena Maul Oberdorf mit Werken von Haydn und Kabalewski („Clowns“ Nr. 20 aus dem Kinderzyklus op. 39) präsent, die sie tapfer vortrug.
In der am stärksten vertretenen AG Ib (geb. 2013 u. 2014) zeigten Melina Du mit der fein abgestimmten „Kleinen Studie“ (Nr. 14 aus Schumanns „Album für die Jugend“ op. 68), Nikolai Hartmann mit zwei Stücken aus Tschaikowskis „Jugendalbum“ op. 39 und Irene Xinyi Wang mit der „Süßen Träumerei“ aus demselben Zyklus ihr Können. In der AG II (geb. 2011 u. 2012) machten Zongyi Xu mit Isaak Berkowitschs „Paganini-Variationen“ und Eva Negadova mit Fazil Says frechem „Alla Turca Jazz“ auf sich aufmerksam. Die AG V (geb. 2005 u. 2006) war mit Niko Jablonski vertreten, der mit Prokofieffs berühmter „Suggestion diabolique“ op. 4/4 nicht vollständig überzeugen konnte und mit der verrückten perkussiven Gewalt des russischen Virtuosen streckenweise noch überfordert war.
Die Harfenkunst war mit Sia Li Lim (AG Ib) und Luisa Hunger (AG II) vertreten. Die Erstere intonierte das wie ein Kinderlied anmutende „Chanson pour Martine“ der französischen Harfenistin Annie Challan, ihre ältere Kollegin meisterte das von einem anonymen Komponisten des 13. Jahrhunderts geschriebene „Alfonso XII el Sabio“. Die Gitarristen hatten sich ausschließlich der populären Musik verschrieben. Jin Kathrin Liu (AG Ib) intonierte „Kickoff“ aus den „20 Blues-Stücken“ von Jan N. M. van den Langenberg, Joanna Loucopoulos (ebenfalls AG Ib) antwortete ebenso versiert mit dem „Tango Español“ von Joep Wanders. Ada Deniz Ayhan schaltete daraufhin seine E-Gitarre an und überraschte mit Pat Ballards berühmtem „Mister Sandman“, mit dem die „Chordettes“, ein amerikanisches weibliches Gesangsquartett der 1950er und 1960er Jahre, ihren größten Hit „einfuhren“.
Mit Teresa Tampe (AG V) war denn auch der Gesang vertreten. Sie sang aus dem „Schwäbischen Liederbuch“ von Wilhelm Weismann „Das verlassene Mägdelein“ und „Gestern Abend in der stillen Ruh“. Besondere Momente ergaben sich auch mit den drei aufgebotenen Streicherensembles. Die AG Ia und Ib waren dabei mit zwei Cello-Duos vertreten: Johanna Maria Fritz und San Yu Lim bzw. Clara Scherer und Elisa Pia Stipa, die mutig und unbeirrt Werke des Engländers Joseph Reinagle und Jacques Offenbach bzw. Joseph Bodin de Boismortier vortrugen. Die AG Ib war mit einem Violintrio angetreten (Julius Müller, Romeo Popp und Lotta Klinge), das mit „Ay, linda amiga“ aus der 12 spanische Volkslieder umfassenden Sammlung „Viva España y Sevilla!“ von Hans Joachim Teschners eine durchaus südliche Atmosphäre herbeiklingen ließ.
Dank und Anerkennung gebührt neben diesen jungen Musikerinnen und Musikern insbesondere auch all denen, die diese musizierende Jugend unterstützen, nicht zuletzt den Lehrkräften, die sie, oftmals in jahrelanger kontinuierlicher Arbeit, an ein solches Leistungsvermögen heranführen.
Die immer währende Kunst der Fuge
- Montag, 13. Februar 2023 19:40
- Von Christine Gehringer
Bruchsaler Schlosskonzerte: Das Goldmund Quartett stellte ein beziehungsreiches Programm mit Bach, Schnittke und Beethoven vor
(Foto: PR)
Wie sehr Johann Sebastian Bach die nachfolgenden Komponisten durch die Musikgeschichte hindurch geprägt und beeinflusst hat (und zwar bis ins 20. Jahrhundert hinein) – das zeigte jetzt ein hoch interessantes Konzert der Bruchsaler Schlosskonzerte: Das fabelhafte Goldmund-Quartett aus München bot – nach einem ebenso klaren wie expressiven Einstieg mit Bachs „Kunst der Fuge“ (BWV 1080) - sozusagen einen musikalischen Anschauungsunterricht.
Der europäische Beethoven
- Sonntag, 12. Februar 2023 22:35
- Von Claus-Dieter Hanauer
Benefizkonzert in der Kleinen Kirche am Marktplatz mit Variationen für Klavier und Flöte
Zwei Musiker im Dienste Beethovens: Der Flötist Johannes Hustedt und die Pianstin Sontraud Speidel spielten in der Kleinen Kirche Karlsruhe. (Foto: Hanauer)
"Beethoven für die Ukraine": Hinter diesem Benefizkonzert für das leidgerpüfte Volk verbarg sich ein Abend mit seltenem Hörgenuss. Johannes Hustedt und Sontraud Speidel boten Variationen über europäische Volksweisen - und hier zeigt sich die ganze Fülle Beethovenscher Ausdruckskraft.
Ein Orchester, älter als die Stadt
- Donnerstag, 09. Februar 2023 19:57
- Von Christine Gehringer
Umfassende Chronik beleuchtet die 350jährige Geschichte der Badischen Staatskapelle
Die Badische Staatskapelle kann auf eine lange Wagner-Tradition zurück blicken: Hier begleitet das Orchester die jungen Talente beim Wettbewerb "Wagner-Stimmen" des Internationalen Richard Wagner-Verbands im Jahr 2018. (Foto: Felix Grünschloß)
Spätestens nach dem Jubiläum „350 Jahre Staatskapelle“, das 2012 gefeiert wurde, und nach den Feierlichkeiten zum 300. Stadtgeburtstag fragte man sich als kulturinteressierter Karlsruher Bürger, ob es denn nicht so etwas wie eine Chronik über das Karlsruher Staatstheater oder die Staatskapelle gebe. Immerhin gehört der Karlsruher Klangkörper zu den ältesten Orchestern der Welt.
Nun liegt eine solche Chronik vor: Im Verlag „Lindemanns“ ist vor kurzem ein umfangreicher Band unter dem Titel „Die Badische Staatskapelle: Namen – Spuren – Impressionen“ erschienen. Und dieses Buch zeigt vor allem eines: die Bedeutung Karlsruhes als europäische Musikstadt im 19. Jahrhundert.
Bis ins Detail erlesene Spielkultur
- Samstag, 04. Februar 2023 18:26
- Von Christine Gehringer
Ettlinger Schlosskonzert mit Mozart, Schubert, Bartók und Szymanowski
(Foto: PR/ Ettlinger Schlosskonzerte)
Mühelosigkeit und Eleganz, selbst in den hohen technischen Ansprüchen, dazu eine große Fähigkeit zur Empfindung und eine akribische Detailarbeit - das konnte man beim jüngsten Ettlinger Schlosskonzert mit dem Geiger Seiji Okamoto, der Pianistin Kasia Wieczorek und dem Cellisten Jovan Pantelich erleben.
Sonaten von Mozart und Schubert standen auf dem Programm, außerdem Werke von Bartók, Szymanowski und der hierzulande unbekannten Amerikanerin Amy Beach.
Das Konzert ist nachzuhören im Rahmen des SWR2 Abendkonzerts am 13. Februar ab 20.05 Uhr.
Ansprechende Leistungen beim Wettbewerb "Jugend musiziert"
- Freitag, 03. Februar 2023 17:57
- Von Christine Gehringer
Zum mittlerweile 60. Mal lud der Wettbewerb „Jugend musiziert“ Kinder und Jugendliche dazu ein, ihr Können von einer Fachjury bewerten zu lassen – und erfreuliche Leistungen gab auch es beim kürzlichen Regionalwettbewerb: Zwölf junge Solistinnen und Solisten, dazu ein Cello-Quartett stellten sich beim Konzert der ersten Preisträger in den Fächern Klavier, Harfe, Gesang und Streichensemble vor.
Völlig zu Recht wies außerdem Klavierprofessorin Sontraud Speidel, Vorsitzende des Regionalausschusses Karlsruhe-Stadt, auf die Bedeutung des Wettbewerbs hin: Er gehöre zu den Biografien vieler „Persönlichkeiten des Musiklebens“, außerdem sei es beachtlich, wie es den jungen Menschen immer wieder gelinge, sich intensiv mit einem „stilistisch vielfältigen Programm“ auseinander zu setzen und das Üben trotz der schulischen Belastungen in den Tagesablauf zu integrieren.
Den größten Anteil stellten die Altersgruppen I bis III, das sind Schülerinnen und Schüler etwa zwischen acht und vierzehn Jahren; die meisten davon spielen Klavier.
Eröffnet wurde die Matinee in Schloss Gottesaue von Suronjona Saleh, die in Liszts Etüde As-Dur (op. 1,9) die Melodie mit bemerkenswerter Anmut herausarbeitet. Den humorvollen Ton in „Dog Philip Goes for a walk“ (von Jiri Treml) trifft Grace Sophia Navratil, und hörenswert ist auch die Darbietung von Nika Hoos, die sich mit dem Kopfsatz aus Beethovens Klaviersonate G-Dur (op. 49,2) auseinandersetzt: Die rechte Hand läuft rund, das Seitenthema kommt weich, und auch der eine oder andere kleine Hänger kann sie nicht aus der Ruhe bringen.
Ein Dialog im beherzten Zusammenspiel gelingt den beiden Geigerinnen Amalia Marie Koch und Marlene Braun in „Cappricio“ d-moll von Johann Vierdanck, und Jakob Ma entwickelt in Dmitri Kabalewskis „Novelette“ (aus: Children‘ s Pieces) über einem pendelnden Bass eine ansprechende musikalische Linie.
Ein erster Höhepunkt im Programm sind zwei Rumänische Volkstänze von Béla Bartok („Der Stampfer“ und „Schnelltanz“), dargeboten von Lucia Lohr: Technisch souverän spielt sie, und sie versteht es, ihren Anschlag zu differenzieren und etliche Farben herauszuarbeiten. Das gilt auch für auch Guanyue Luca Zhang in Edvard Griegs „Zug der Zwerge“ (aus: „Lyrische Stücke“): Die Rhythmen und die Figuren kommen präzise; die lyrische Episode klingt weich und sinnlich.
Feine Bewegungen entlockt auch Maya Sauer ihrer Harfe in „Wildflowers“ von Kathryn Cater; Spielfreude und Leichtigkeit zeigt Kevin Ma in Claude Débussys vitalem „Golliwog‘s Cakewalk“ (aus: „Children‘ s Corner“), und ein ausgesprochen zart gesponnenes „Fantasiestück“ von Robert Schumann (op. 12,3) gelingt Leyla Ida Dahlhaus.
Das Fach Gesang ist vertreten durch die junge Sopranistin Eren Ehmann (begleitet von der Pianistin Natalia Zagalskaia): Ihre feine und bewegliche Stimme ist bei „Premiere Danse“ von Jules Massenet (aus: „20 Mélodies“) bestens aufgehoben. Äußerst souverän präsentiert danach Ida Wißmann (Klavier) die technischen Hürden in der Toccata es-moll von Aram Chatschaturjan.
Große Freude am gemeinsamen Spiel hat auch das junge Cello-Quartett mit Gustav Kapell, Artsiom Hubashyn, Luise Galm und Ella Köhrer; die vier beenden den Vormittag mit Stücken von Jean Sibelius und George Gershwin.
(Weitere Preisträgerkonzerte gibt es am 12. Februar um 17 Uhr im Ordensteinsaal des KONS und am 5. März um 11 Uhr im Kleinen Haus des Staatstheaters).