Reife Leistung der jungen Studierenden
- Donnerstag, 03. März 2022 13:29
- Von Christine Gehringer
Abschluss der Händel-Akademie mit dem Oratorium "Il trionfo del tempo e del desinganno"
(Foto: Gehringer/ Archiv)
In katholischen Kirchen hieß es am gestrigen Aschermittwoch: „Bedenke Mensch, dass du Staub bist und zum Staub zurückkehrst“. Und im Grunde ist das Oratorium „Il trionfo del tempo e del disinganno“, das jetzt die Internationale Händel-Akademie im Rahmen der Festspiele beschloss, ein Thema für die vorösterliche Bußzeit. Denn das Werk, eher eine „Cantata morale“, allegorisiert den Triumph von Zeit und Wahrheit über das (sinnliche) Vergnügen; der Text stammt vom römischen Kardinal Benedetto Pamphilj, der das Stück im Jahr 1707 bei Händel in Auftrag gab.
Bachs Kaffeewasser und der Schwan in der Themse
- Mittwoch, 02. März 2022 14:21
- Von Christine Gehringer
Launiges Faschingskonzert an der Orgel: Johannes Blomenkamp spielte "heiter bis rauschend" in der Stadtkirche Durlach
Johannes Blomenkamp würdigte beim Konzert "Heiter bis rauschend" die Durlacher Feuerwehr. (Foto: Stadtkirche Durlach/ Moritz Nagel)
Man nehme: Einige der so genannten Klassik-Hits, wie etwa Händels „Wasser“- oder „Feuerwerksmusik“, den „Schwan“ aus dem „Karneval der Tiere“ oder auch Smetanas „Moldau“. Doch ohne entsprechendes Konzept wäre das einfach nur eine unbedeutende Aneinanderreihung populärer Stücke. Schafft man aber fantasievolle Verbindungen (gerne auch mit etwas „künstlerischer“ Freiheit, dort, wo es sich anbietet) und präsentiert diese mit Humor – dann wird daraus ein unterhaltsames Faschingskonzert, sogar an der Orgel.
Denn „Orgel“ und „Fasching“ scheinen auf den ersten Blick nicht so recht zusammen zu passen. Doch an der Stadtkirche Durlach ist das Konzert „Heiter bis rauschend“ ein Fixpunkt während der närrischen Tage, und mit dem Thema „Feuer und Wasser“ würdigte Kantor Johannes Blomenkamp zugleich die Freiwillige Feuerwehr Durlach, die bereits im vergangenen Jahr ihr 175jähriges Jubiläum feierte.
Die Musik als Meisterin des feinen Humors
- Dienstag, 01. März 2022 21:52
- Von Christine Gehringer
Kultur im Kaffeehaus Schmidt: Joachim Draheim und Hartmut Becker mit einem Vortrag zu Faschingsschwänken und musikalischen Humoristika
(Foto: Symbolbild)
Faschings-Veranstaltungen, sofern sie nicht wegen Corona ohnehin bereits abgesagt wurden, gab es in diesen Tagen kaum. Kann man sich also unter dem Eindruck der derzeitigen Weltlage einen augenzwinkernden Vortrag vorstellen – wie etwa zum Thema „Faschingsschwänke und musikalische Humoristika“ ?
Die beiden Musikwissenschaftler Joachim Draheim und Hartmut Becker kamen zu dem Entschluss: Man kann. Vielleicht muss man es sogar, denn schließlich ist der Fasching nicht nur eine vergnügliche Maskerade, sondern er hat auch eine politische Funktion. Man denkt hier beispielsweise an den rheinischen Karneval, der mit seinen Garden das Militär persifliert.
Beim jüngsten Vortrag im Kaffeehaus Schmidt wurde deutlich: Wirklicher Humor (und nicht etwa die Modeerscheinung „Comedy“) hat in erster Linie eine geistige Dimension.
Festspielhaus stellt Zusammenarbeit mit Valery Gergiev "bis auf weiteres" ein/ Intendant sucht Gespräch mit Anna Netrebko
- Dienstag, 01. März 2022 13:51
- Von Christine Gehringer
(red.) Auch das Festspielhaus Baden-Baden reagiert auf die aktuellen Ereignisse und stellt die Zusammenarbeit mit dem Dirigenten Valery Gergiev bis auf weiteres ein. So lautet eine vom Stiftungsvorstand der Kulturstiftung Festspielhaus Baden-Baden und der Intendanz gemeinsam getroffene Entscheidung. „Die mangelnde Distanz von Herrn Gergiev zum aktuellen menschenverachtenden Vorgehen des russischen Präsidenten hat für uns den Ausschlag gegeben. Wir vertreten offensichtlich nicht mehr die gleichen Werte“, wird Festspielhaus-Intendant Benedikt Stampa in einer Presseerklärung des Hauses zitiert. „Es schmerzt uns sehr, dies mitteilen zu müssen“, so der Intendant weiter. Er habe dem Dirigenten die Gelegenheit gegeben, sich zu äußern, darauf sei jedoch keine Reaktion erfolgt.
24 Jahre lang war Valery Gergiev in Baden-Baden regelmäßig zu Gast mit dem Mariinsky Theater, dessen Intendant und Chefdirigent er ist. 1998 war er als Dirigent des Eröffnungskonzerts des Festspielhauses für den kurz zuvor verstorbenen Sir Georg Solti eingesprungen; er unterstützte das Haus, als es kurz vor der Pleite stand. In Baden-Baden hat Gergiev seitdem zahlreiche Opern und Konzerte dirigiert. Auch im Juli waren Veranstaltungen mit dem Dirigenten vorgesehen.
Vor dem für den 13. April geplanten Konzert der Berliner Philharmoniker mit Anna Netrebko soll ebenfalls ein Gespräch stattfinden. Hierbei soll die russische Sopranistin die Gelegenheit erhalten, Fragen zu beantworten. Benedikt Stampa: „Wir wissen um die Gefahr, in der sich viele Personen des öffentlichen russischen Lebens gerade befinden, und behalten uns alle Optionen vor.“
Der Festspielhaus-Intendant betont jedoch, dass man der russischen Musik und russischen Künstlerinnen und Künstlern in Baden-Baden weiterhin ein internationales Podium bieten wolle. Weiter heißt es in der Mitteilung: „Wir feiern im Rahmen der Osterfestspiele 2022 die Komponisten Peter Tschaikowsky und Igor Strawinsky. Damit übernehmen wir und alle ausführenden Künstlerinnen und Künstler Verantwortung für das friedliche kulturelle Miteinander in West- und Osteuropa.“
Balladen-Abend wird zur beklemmenden Realität
- Sonntag, 27. Februar 2022 18:45
- Von Christine Gehringer
Bruchsaler Schlosskonzert: Duo Esther Valentin-Fieguth und Anastasia Grishutina geben dem Leid eine Stimme
(Foto: PR/ Christian Palm)
Als die Mezzosopranistin Esther Valentin-Fieguth und die Pianistin Anastasia Grishutina ihr Balladenprogramm für das Bruchsaler Schlosskonzert entwarfen, da war an die jüngsten Ereignisse noch nicht zu denken. Nun haben alte Balladen zwar oft düstere, bisweilen auch kriegerische Szenarien zur Grundlage. Aber einen solchen Einbruch der Realität in ein Konzertprogramm erlebt man sonst eigentlich nie.
Es war ein berührender Moment, als die gebürtige Russin Anastasia Grishutina, die schon den ganzen Abend über emotional bewegt schien, plötzlich aufstand und sich mit deutlichen Worten an das Publikum richtete: „Politiker müssen wissen: Menschen wollen keinen Krieg! Der Krieg kennt nur einen Sieger: Den Tod.“
(Hinweis: Das Konzert wurde von SWR2 aufgezeichnet und ist am Montag, den 21. März ab 20 Uhr im Abendkonzert zu hören. Das Konzertvideo ist voraussichtlich ab April online abrufbar.)
Der Nachwuchs steht bereit
- Donnerstag, 24. Februar 2022 19:13
- Von Christine Gehringer
Beim Preisträgerkonzert des Händel-Jugendwettbewerbs begeisterten junge Künstler mit reifen Darbietungen
(Foto: Gehringer/ Archiv)
Seit mehr als zwanzig Jahren gehört das Preisträgerkonzert des Händel-Jugendwettbewerbs im Kleinen Haus des Staatstheaters zu den fixen Programmpunkten der Händel-Festspiele: Dieser Wettbewerb, ausgetragen von der Karlsruher Händel-Gesellschaft, soll junge Talente frühzeitig an die barocke Musik heranführen. Dafür werden Nachwuchskünstler im Alter von acht bis zwanzig Jahren gesucht - seit einigen Jahren aus ganz Baden-Württemberg, dem Elsass und der Südpfalz.
Peter Overbeck, Vorsitzender der Händel-Gesellschaft, wies dabei auf eine Tatsache hin, die in diesen Zeiten nochmals an Wert gewinnen könnte: Nämlich auf das Musizieren als Verständigungsmittel über kulturelle und sprachliche Grenzen hinweg. Angesichts der fabelhaften Leistungen der jungen Künstler animierte Intendant Ulrich Peters die zahlreichen Besucher: „Vielleicht haben Sie jetzt Lust, ein Instrument zu lernen oder wieder aus der Schublade zu holen!“
Termine zum Wochenende
- Mittwoch, 23. Februar 2022 17:54
- Von Christine Gehringer
Das Duo Ambarzumjan (Klarinette, Klavier) ist am Freitag, den 25.02. um 19 Uhr im Musentempel Karlsruhe zu hören (Informationen und Reservierung wegen begrenztem Platzangebot: www.neustart-konzerte.de). Um 20 Uhr ist bei den Bruchsaler Schlosskonzerten das Duo Esther Valentin-Fieguth (Mezzosopran) und Anastasia Grishutina (Klavier) zu Gast.
Am Samstag, den 26.02. laden die Karlsruher Musikwissenschaftler Hartmut Becker und Joachim Draheim zu musikalischen Faschingsschwänken ins Kaffeehaus Schmidt. Beginn ist 10.30 Uhr.
Um 19.30 Uhr gibt es in der Christuskirche Karlsruhe ein barockes Konzert mit Reinhold Friedrich und Studierenden unter dem Motto „Venedigs Glanz und Gloria“. Ein närrisches Orgelkonzert („Heiter bis rauschend“) ist ab 20 Uhr in der Stadtkirche Durlach zu hören (Karten werden im Voraus vergeben, ein Live-Stream ist vorgesehen). Das KIT Sinfonieorchester lädt ebenfalls ab 20 Uhr ins Konzerthaus Karlsruhe zu einem Abend unter dem Motto „Von Paris bis New York“ mit Musik von Debussy, Gershwin u.a. (mit Live-Stream).
Am Sonntag, den 27.02. gibt Carsten Wiebusch ab 18 Uhr ein Orgelkonzert zum Thema „César Franck und die Deutschen“ in der Christuskirche Karlsruhe. (Beachten Sie bitte auch das Programm der Händel-Festspiele auf der Website des Staatstheaters Karlsruhe).
Ebenfalls um 18 Uhr lädt die Karlsruher Hemingsway Lounge zum Konzert in der Reihe "Junge Klassik" mit Andreas Kammenos (Blockflöte) und Hyunhee Hwang (Klavier).
Ausdrucksstark und wandlungsfähig
- Dienstag, 22. Februar 2022 19:35
- Von Christine Gehringer
Anna Bonitatibus auf den Spuren großer Sängerinnen zur Zeit Händels und Rossinis
Galakonzert bei den Händel-Festspielen im Staatstheater Karlsruhe: Anna Bonitatibus und die Staatskapelle unter Attilio Cremonesi. (Foto: Felix Grünschloß)
Die italienische Mezzosopranistin Anna Bonitatibus ist seit Jahren eine feste Größe bei den Karlsruher Händel-Festspielen – nicht nur im laufenden Konzertprogramm, sondern auch im Rahmen der Meisterkurse bei der Internationalen Händel-Akademie.
In einem höchst vergnüglichen Gala-Konzert widmete sie sich jetzt den großen Vertreterinnen der tiefen Stimmlage aus dem 18. und dem frühen 19. Jahrhundert.
Die meisten Händel-Liebhaber kennen selbstverständlich die beiden großen Primadonnen Francesca Cuzzoni (sie war allerdings Sopranistin) und Faustina Bordoni, die spätere Ehefrau des sächsischen Hofkapellmeisters Johann Adolph Hasse. Aber wer sind beispielsweise Margherita Durastanti oder Vittoria Tesi?
Das Bild erdrückt die Handlung
- Montag, 21. Februar 2022 18:25
- Von Christine Gehringer
Händel-Festspiele in Karlsruhe: Floris Visser inszeniert „Hercules“/ Guter Ansatz, szenisch aber verwirrend
Floris Visser inszenierte "Hercules" bei den Händel-Festspielen in Karlsruhe. (Foto: Falk von Traubenberg)
Diagnose: „Pathologische Eifersucht“. Der Dämon, der Dejanira befällt, ist hier sozusagen die Hauptperson. Herkules kommt dagegen nur am Rande vor, er wird zum Opfer dieser zersetzenden Leidenschaft.
Zahlreich waren die Gäste, die das Musikdrama zur Eröffnung der Karlsruher Händel-Festspiele erlebten; viele seien, so Intendant Ulrich Peters, aus dem Ausland angereist. Man habe schon während des Vorverkaufs gemerkt: „Die Menschen gieren nach Händel!“
Nach einjähriger Abstinenz ist das barocke Festival in der Fächerstadt zurück, und dass der Auftakt ohne Corona-Zwischenfälle über die Bühne ging, macht Hoffnung. Staatssekretärin Petra Olschowski, die zur Eröffnung anreiste, und Oberbürgermeister Frank Mentrup waren sich einig: „Händel bringt als Europäer die Menschen zusammen!“
Zur Uraufführung in London anno 1745 – dies ist eine Parallele zur Pandemie - war das Sänger-Ensemble größtenteils erkrankt, was einen Flop des Musikdramas bedeutete. In Karlsruhe dagegen „floppte“ die Oper keineswegs; dies war vor allem den hervorragenden Musikern zu verdanken. Doch die Inszenierung des schwierigen Stoffes ist problematisch.
Erinnerung an einen außergewöhnlichen Pädagogen
- Donnerstag, 17. Februar 2022 13:41
- Von Christine Gehringer
Am 15. Februar wäre der Karlsruher Hochschullehrer und Komponist Peter-Michael Riehm 75 Jahre alt geworden
Peter-Michael Riehm unterrichtete zuletzt an der von ihm mitbegründeten "Internationalen Akademie (jetzt: Forum) für musikalische Bildung" (Bildnachweis: Forum für musikalische Bildung)
Am 20. Januar 2007 starb Peter-Michael Riehm, Professor für Musiktheorie an der Karlsruher Musikhochschule, relativ unerwartet nach einem Schlaganfall. Vor wenigen Tagen hätte er seinen 75. Geburtstag gefeiert: Ein überaus beliebter Pädagoge, der den Studierenden einen besonderen Zugang zur Musik vermitteln konnte – und zwar mit der einzigartigen Gabe, zwischen Natur, Musik und den anderen schönen Künsten subtile Verbindungslinien zu schaffen. Darüber hinaus wirkte er als Komponist zahlreicher Instrumentalwerke und Lieder, die er für seine Chöre schrieb; viele seiner Werke widmete er seiner Frau Ursula, einer Gesangspädagogin.
Neben seinem prominenten Karlsruher Quasi-Namensvetter ist Peter-Michael Riehm jedoch leider etwas zu Unrecht in Vergessenheit geraten. Mit diesem Nachruf - der bereits 2008, zu seinem ersten Todestag, entstanden ist - soll nochmals an diesen großartigen Menschen erinnert werden.