Baden-Baden: Osterfestspiele abgesagt
- Sonntag, 15. März 2020 18:17
- Von Christine Gehringer
(red.) Es war zu erwarten, nun ist es Gewissheit: Die Osterfestspiele 2020 können nicht stattfinden. Mit der am Wochenende veröffentlichten Allgemeinverfügung über das Verbot von Veranstaltungen bis zum 19. April sei das Festival unmöglich geworden, so Intendant Benedikt Stampa. „Wir sind nun verpflichtet, die Osterfestspiele 2020 sowie sämtliche weiteren Konzerte und Veranstaltungen abzusagen. Ich bin sehr traurig, dass nun alle Vorbereitungen beendet werden. Wir standen schon in den fertigen Kulissen für die Beethoven-Oper ‚Fidelio’.“
Das Festspielhaus Baden-Baden bittet die Besucher, die bereits Eintrittskarten für die Osterfestspiele gekauft hatten, um Geduld. „Wir werden uns so rasch es geht mit allen Kunden in Verbindung setzen“, so Benedikt Stampa. Mit den Berliner Philharmonikern befindet sich das Festspielhaus derzeit in Gesprächen über ein exklusives und außerplanmäßiges Konzertwochenende im Herbst. „Ich bin dem Orchester und seinem Chefdirigenten Kirill Petrenko sehr dankbar, wenn sie sich auf diese Weise zu Baden-Baden bekennen und ihrem Publikum hier eine Freude machen würden.“
Das Programm für die Saison 2020/21 steht indessen bereits fest; der Vorverkauf startet in der kommenden Woche. Die eigentlich für vergangenen Freitag vorgesehene Spielplan-Pressekonferenz wurde aufgrund der derzeitigen Ereignisse abgesagt.
Corona-Krise betrifft Kirchenkonzerte, Bruchsaler und Ettlinger Schlosskonzerte
- Freitag, 13. März 2020 13:59
- Von Christine Gehringer
Aufgrund der sich zuspitzenden Corona-Krise haben sich weitere Veranstalter der Region - zum Schutze des Publikums und um einer weiteren Verbreitung entgegen zu wirken - dazu entschlossen, ihre Konzerte abzusagen: Dies betrifft die Markus-Passion am 14. März in St. Bernhard in Karlsruhe und das Konzert der Speyerer Domsingknaben am 15. März in der Christuskirche Karlsruhe.
Auch das Oratorienkonzert mit Haydns „Schöpfung“ in der Evangelischen Stadtkirche Karlsruhe am Sonntag, den 15. März wurde abgesagt; hier ist zunächst eine Verschiebung auf Ende Juni geplant. Die bereits gekauften Karten behalten ihre Gültigkeit oder können zurück gegeben werden.
Betroffen sind ebenso die Bruchsaler Schlosskonzerte: Abgesagt sind zunächst die beiden bereits ausverkauften Konzerte am 20. März mit der Münchner Cellistin Raphaela Gromes und am 24. April mit dem Van Baerle Trio Amsterdam. Ob das gleichfalls ausverkaufte Saison-Abschlusskonzert am 15. Mai mit dem dänisch-lettischen Carion Wind Ensemble stattfinden kann, ist derzeit noch offen. Die gelösten Karten werden entsprechend zurückerstattet. Weitere Informationen unter www.bruchsaler-schlosskonzerte.de
Das Ettlinger Schlosskonzert am 22. März mit dem Duo Sebastian Manz und Michael Klett wird auf 11. Oktober verschoben.
Staatstheater Karlsruhe unterbricht Vorstellungsbetrieb bis 19. April
- Mittwoch, 11. März 2020 21:24
- Von Christine Gehringer
(red.) Auch das Staatstheater Karlsruhe folgt der Anordnung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst: Mit dem Ziel, die Verbreitung des Corona-Virus zu verlangsamen, finden vom 11. März bis zum 19. April 2020 keine Vorstellungen statt, teilt das Haus mit. Die Einstellung des Spielbetriebs betrifft alle Spielstätten und Veranstaltungsorte des Theaters. Erworbene Eintritts- und Abokarten für abgesagte Vorstellungen werden automatisch storniert und in einen Gutschein umgewandelt. Falls seitens des Theaters Rückfragen bestehen, wird sich der Kartenservice – soweit Kontaktdaten vorliegen – bei den Kunden melden. Alle anderen KartenkäuferInnen werden gebeten, sich ab 13.3. an den Kartenservice zu wenden (0721 933 333 oder Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!).
Eine glückhafte Verbindung
- Dienstag, 10. März 2020 21:01
- Von Christine Gehringer
Ettlinger Schubertiade bot Außergewöhnliches: Deutsch-armenisches Programm mit der Altistin Seda Amir-Karayan
Ettlinger Schubertiade mit Musik aus Armenien und Deutschland: Seda Amir-Karayan und Thomas Seyboldt muszierten im Asamsaal. (Foto: Gehringer)
Die armenischen Lieder, so sagt Seda Amir-Karayan, seien für sie wie ein „Personalausweis“, ein Zeichen ihrer Herkunft; die deutsche Musik jedoch zeige, „wo ich hingegangen bin“. Eine Art musikalischer Doppelpass also.
In diesem Sinne war auch das Konzert der Ettlinger Schubertiade gestaltet, und es hätte ebenso wunderbar in ein Motto der vergangenen Jahre gepasst: „Lieder ohne Grenzen“.
Denn Seda Amir-Karayan überschreitet als Altistin und zugleich als ausgebildete Jazzsängerin (sie studierte beim armenischen Komponisten Robert Amirkhanyan) Grenzen gleich in mehrerlei Hinsicht. Sie begeisterte mit Liedern aus ihrer Heimat und mit Werken von Robert Schumann aus dem so genannten „Liederjahr“ 1840: Ein kultureller Austausch der schönsten Art.
Beethoven vierhändig: Leicht und voller Anmut
- Freitag, 06. März 2020 19:58
- Von Christine Gehringer
Sontraud Speidel und Franziska Lee spielten in der Kleinen Kirche Karlsruhe
Sontraud Speidel und Franziska Lee widmen sich in der Reihe "20 Finger" in der Kleinen Kirche Karlsruhe der vierhändigen Klaviermusik - diesmal ging es um Ludwig van Beethoven. (Foto: Gehringer)
20 Finger im Dienste einer guten Sache: In diesem Fall gehören sie der Karlsruher Klavierprofessorin Sontraud Speidel und ihrer ehemaligen Schülerin, Franziska Lee. In der vergangenen Saison lag der Fokus auf Franz Schubert, in diesem Jahr – naturgemäß - auf Ludwig van Beethoven.
Da Beethovens vierhändige Klaviermusik jedoch eher unbekannt ist, und da außerdem nur wenige solcher Werke existieren, kam (und kommt) das Publikum nun in zweierlei Hinsicht in den Genuss von Raritäten: Ergänzt wurde Beethovens Musik nämlich durch Werke seiner Schüler Ferdinand Ries und Carl Czerny. An letzterem beißt sich so mancher Klavierschüler die Zähne aus – umso angenehmer die Überraschung darüber, dass Czerny neben den Etüden auch sehr gefällige Stücke komponiert hat.
Das nächste Konzert in der Kleinen Kirche ist für den 6. Mai vorgesehen, die Einnahmen kommen unter anderem dem Erhalt der neuen Lenter-Orgel zu Gute.
Auf Tolomeos Spuren
- Dienstag, 03. März 2020 20:11
- Von Christine Gehringer
Zum Symposium der diesjährigen Karlsruher Händel-Festspiele: Eine Nachbetrachtung
Händel-Festspiele in Karlsruhe: Vor dem Staatstheater strahlt die goldene Büste des barocken Meisters. (Foto: Gehringer)
Bei den zurückliegenden Karlsruher Händel-Festspielen stand die Oper „Tolomeo“ im Mittelpunkt – und bisher war es üblich, die Themen des Festivals sowohl in Meisterkursen als auch in wissenschaftlichen Symposien zu beleuchten. Allerdings werden im Zuge der Sparmaßnahmen die Kurse neuerdings nur noch im Zweijahres-Rhythmus angeboten, doch dafür bescherte das diesjährige „Zwischenjahr“ einen äußerst interessanten Exkurs: nämlich die Betrachtung der Oper „Tolomeo“ in ihrem historischen Zusammenhang.
Für Freunde barocker Musik ist dies - nicht nur zu Festspiel-Zeiten - eine lohnenswerte Spurensuche, die bei Domenico Scarlatti in Rom um 1700 beginnt.
Die Referenten Thomas Seedorf (Karlsruhe), Wolfgang Hirschmann (Halle), Panja Mücke (Mannheim) und Silke Leopold (Heidelberg) entwarfen ein eindrucksvolles Zeitbild.
Schöner Wahnsinn
- Samstag, 29. Februar 2020 18:23
- Von Christine Gehringer
SWR Schlosskonzert in Ettlingen: Von Tollhäusern und Trunkenbolden
Wer Alte Musik liebt, der sollte sich diesen Namen merken: Lucile Richardot. Die französische Mezzosopranistin, die vor kurzem mit dem Ensemble Tictactus in Ettlingen gastierte, singt derart süffig, dass man gleich mitten hinein gezogen wird in die geistig-seelischen Abgründe, denen sich englische Barockkomponisten wie Henry Purcell oder John Eccles gewidmet haben. Ihr zur Seite: der Tenor Nicholas Scott, der für den erkrankten Jeffrey Thompson einsprang. Ein außergewöhnlicher Abend.
(Hinweis: Nachzuhören ist das Programm am 7. März nochmals im Rahmen des SWR-Abendkonzerts ab 20.03 Uhr).
Zweifacher Todeskampf
- Mittwoch, 26. Februar 2020 21:01
- Von Christine Gehringer
Festspielhaus Baden-Baden: Simon Rattle, Lisa Batiashvili und das London Symphony Orchestra mit Alban Berg und Beethovens "Christus am Ölberge"
Das London Symphony Orchestra unter Simon Rattle zu Gast im Festspielhaus Baden-Baden. (Foto: Manolo Press/ Michael Bode)
Über den Sinn von „Jubiläums“-Jahren kann man sich streiten – erst recht bei einem Komponisten wie Ludwig van Beethoven, dessen Hauptwerke ohnehin auf allen Spielplänen dieser Welt zu finden sind.
Doch gerade solche Zeiten fördern immer wieder auch Unbekanntes zu Tage: Etwa das Oratorium „Christus am Ölberge“.
In Verbindung mit Alban Bergs Violinkonzert („Dem Andenken eines Engels“) war der erste der beiden Konzertabende mit Simon Rattle und dem London Symphony Orchestra im Festspielhaus Baden-Baden zumindest ein bemerkenswerter Verweis auf die beginnende Fastenzeit.
Tag des Musikunterrichts in Baden-Baden: Musik als "Spaß"- und Ausgleichs-Fach?
- Freitag, 21. Februar 2020 16:43
- Von Christine Gehringer
Zu einem „Tag des Musikunterrichts“ luden das Regierungspräsidium Karlsruhe gemeinsam mit dem Festspielhaus Baden-Baden: Im Mittelpunkt standen dabei Workshops, die auf eine sinnlich erfahrbare Musikvermittlung abzielen und neue Impulse für den Musikunterricht geben könnten, wie etwa „Body Percussion“, „Soundpainting“ oder „Beatboxen“.
Eine Talkrunde beschloss den Tag; diskutiert wurde dabei die Frage, was der Musikunterricht grundsätzlich leisten kann und ob Musik in der Schule eher ein „Spaß- und Ausgleichsfach“ darstellen sollte. Darüber sprachen Rüdiger Beermann (Festspielhaus Baden-Baden) und Achim Fessler (Fachberater Musik am Regierungspräsidium Karlsruhe) mit der Gesangspädagogin Amélie Erhard (München), der Professorin Silke Schmid (Pädagogische Hochschule Freiburg) und dem Musik-Philosophen Thomas Dworschak (Universität Leipzig).
Ausgangspunkt hierbei bildete eine Umfrage unter Erwachsenen, die den Musikunterricht offenbar zum Teil als bloßstellend und beschämend erlebt hatten. Achim Fessler kritisierte zudem einen „veralteten Bildungsbegriff“, wonach in der Unterstufe häufig nur gesungen, in der Oberstufe hingegen analysiert werde. Auf dem Podium war man sich einig darüber, dass Musik ein Ausgleichsfach sei, also „Freude bereiten“ sollte.
Die Diskutanten verstehen dabei Musik als etwas, das „aus sich heraus“ bereits sinnvoll sei; einen Zugang zur Musik schaffe unter anderem die praktische Klangerzeugung. Der Musikunterricht sei zudem dann gut, wenn es gelinge „Erfolgserlebnisse“ zu vermitteln, denn mit Klängen könne zunächst einmal „gespielt“ werden.
Wie kein anderes Fach sei außerdem die Musik dazu geeignet, eine ganze Gruppe von Menschen gleichermaßen anzusprechen, da sich beispielsweise ein bestimmter Rhythmus, ein „Groove“ auch auf andere übertrage. Dieses Phänomen sei beispielsweise gut dazu geeignet, die Musik als „integratives Mittel“ (etwa in der Arbeit mit Flüchtlingen) einzusetzen.
Einig waren sich die Pädagogen darüber, dass stets das Individuum - der Schüler - und sein jeweiliger Entwicklungsprozess im Vordergrund stehen müsse.
Außerdem wurde die Frage erörtert, was überhaupt eine „musikalische Kompetenz“ sei – denn schließlich gehe es im Schulunterricht vielfach nur um das Abfragen von lexikalischem Wissen. Dies habe mit „Musikalität“ jedoch erst einmal nichts zu tun.
Obwohl die Diskutanten einen praktischen, sinnlich erlebbaren Zugang zur Musik eindeutig befürworteten, sah man jedoch auch das Spannungsfeld, indem sich der Musikunterricht grundsätzlich bewegt: Denn der Bildungsplan gibt schließlich eindeutige Ziele – etwa die Erarbeitung von Tonräumen und Notenwerten – vor.
Historischer Stoff mit böser Ahnung: Kammeroper "Simplicius Simplicissimus" von Karl Amadeus Hartmann bei den Osterfestspielen
- Donnerstag, 20. Februar 2020 12:39
- Von Christine Gehringer
Spannendes Musiktheater erwartet die Besucher der Baden-Badener Osterfestspiele mit den Berliner Philharmonikern: Neben der Hauptproduktion, Beethovens „Fidelio“, ist als zweites Bühnenwerk die Kammeroper „Des Simplicius Simplicissimus Jugend“ von Karl Amadeus Hartmann im Theater Baden-Baden zu sehen. Diese Kammeroper thematisiert – ebenso wie die barocke Vorlage des Dichters Grimmelshausen – den Dreißigjährigen Krieg, eines der größten Traumata in Europa. Geschrieben wurde die Urfassung (auf Anregung des Dirigenten Hermann Scherchen) in den Jahren 1934 bis 1936, und zwar bereits in der Vorahnung der drohenden Katastrophe. Der historische Stoff enthält somit einen bewussten Gegenwartsbezug. Hartmann musste seine Partitur deshalb vor den Nazis verstecken; erst 1948 wurde das Werk uraufgeführt.
Festspielhaus-Intendant Benedikt Stampa nennt die Kammeroper ein „Meisterwerk der Musikgeschichte“; sie stehe zudem in echter Nachbarschaft zur „Freiheitsoper“ Fidelio. Somit gebe es bei den diesjährigen Festspielen zwei „große thematische Blöcke“, die den Blick darauf lenken, dass Europa „auch heute wieder gefährdet“ sei, sagte Stampa im Rahmen eines Pressegesprächs. Für Nicola May, die Intendantin des Theaters Baden-Baden, ist die Produktion jener spannende Moment im Jahr, in dem das Theater die Türen öffne „für die Musik und die jungen Gäste“.
Erarbeitet wird die Oper mit jungen Sängerinnen und Sängern; im 18köpfigen Orchester sitzen Mitglieder der Berliner Philharmoniker sowie junge Künstler der Karajan-Akademie. Chorsänger aus der Region verstärken das Ensemble.
Regie führt Eva-Maria Höckmayr, die das Werk als „Geschenk“ bezeichnet; Hartmann habe „parabelhaft“ in die Zukunft geblickt: „An diesem ahnungsvollen Punkt stehen wir heute auch wieder“. Musikalisch speist sich die Kammeroper aus unterschiedlichen Einflüssen: Der Komponist orientierte sich an Strawinsky, Prokofiew und Bartok; verschiedene vokale Formen wie Lied, Arie oder Bänkelgesang verdichten das Drama um die Hauptfigur, die ihre Naivität als Waffe einsetzt.
Die Baden-Badener Produktion stellt damit auch einen Bezug zur Region her - schrieb doch Grimmelshausen sein Hauptwerk im benachbarten Renchen. Beteiligt am Projekt, das unterstützt wird durch die Zastrow-Foundation, sind deshalb auch sieben Schulen aus der Region: Die Schülerinnen und Schüler widmen sich dem Thema im Rahmen einer Ausstellung, deren Exponate sie selbst erarbeitet haben.
Premiere ist am 5. April im Theater Baden-Baden, nach den Festspielen geht das Stück in den Spielplan des Theaters über.