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Tanzfestival "The World of John Neumeier" beginnt heute in Baden-Baden/ Vocalensemble Rastatt singt

| Christine Gehringer | PAMINA kurz notiert

Am heutigen Freitag, den 29. September beginnt in Baden-Baden das Tanzfestival „The World of John Neumeier“ mit einem öffentlichen Workshop des Bundesjugendballetts um 16 Uhr in der Konzertmuschel des Kurhauses. Dieser Auftritt macht deutlich, wie man das Festival künftig verstanden wissen will: Mit „The World of John Neumeier“ möchte sich Baden-Baden noch mehr als „Tanzstadt“ präsentieren; das ursprüngliche Gastspiel, in den letzten Jahren zu Festspielen ausgebaut, soll mit Neumeier als künstlerischem Leiter weiter entwickelt werden. Es soll – generationenübergreifend - „einen Beitrag zur Tanzkultur in ganz Deutschland“ leisten und Baden-Baden als Festspielort weiter stärken, so Festspielhaus-Intendant Benedikt Stampa auf einer Pressekonferenz vor wenigen Tagen.

Hierzu wurde der Vertrag mit dem scheidenden Hamburger Ballettchef bis 2030 verlängert; sozusagen pünktlich zum Start des Festivals haben Benedikt Stampa und der 84Jährige das Papier „frisch unterzeichnet“, wie Stampa bekanntgab. Neumeier soll das Festival die kommenden Jahre kuratieren, das Festspielhaus Baden-Baden die Namensrechte daran erhalten.
Anlässlich des Probenstarts im Festspielhaus äußerte sich John Neumeier: „Seit einem Vierteljahrhundert komme ich nach Baden-Baden. Jedes Jahr mit dem Gefühl, dass der Tanz hier neue Wurzeln geschlagen hat. Diesen Schwung will ich für mein Festival nutzen und mit verschiedenen Tänzergenerationen erproben, was Tanz und Ballett heute bedeuten.“

Zwar hört John Neumeier hört im nächsten Jahr in Hamburg auf, doch gleichzeitig sei dies ein „Neubeginn“ - so wie überhaupt Kreativität bedeute, „immer wieder am Beginn zu stehen“, sagt Neumeier. Deshalb hätten sich die fünfzig (!) Jahre, in denen er das Hamburg Ballett leitete, auch nicht wie eine lange Zeit angefühlt. Zum Auftakt am heutigen Abend (20 Uhr, Festspielhaus Baden-Baden) bringt er sein letztes großes Werk, das er für Hamburg kreiert hat, an die Oos: „Dona nobis pacem“ zur h-moll-Messe von Johann Sebastian Bach. Weitere Aufführungen gibt es am morgigen Samstag und am Sonntag, den 1. Oktober.

Er liebe es, mit den verschiedenen Bühnen zu kommunizieren, jede habe ihre eigene „Persönlichkeit“, so Neumeier. Die „Magie“ der riesigen Bühne in Baden-Baden habe er bei seinen Kreationen stets bedacht, sagt er.
„Dona nobis pacem“, obwohl mit seinen Kriegsbildern erschreckend aktuell, ist noch vor dem 24. Februar 2022 konzipiert worden; es ist ein „allgemeingültiges Statement“. Eine besondere Herausforderung sei die h-moll-Messe deshalb, weil sie – anders als etwa ein Oratorium - keine Handlung habe. Man stoße hier in einen Bereich vor, in dem es schwer werde, die Dinge in Worte zu fassen, so Neumeier.
Die Kritiken zur Aufführung, die im vergangenen Dezember Premiere hatte, fallen deshalb auch unterschiedlich aus; von „eindringlicher Warnung“ (Die Welt) liest man hier, bis „Bach ein Bein gestellt“ und: „Bach widersetzt sich der Bebilderung ins Welthaltige“ (Concerti).

Ausschließlich positive Urteile gibt es dagegen für die musikalische Umsetzung durch Holger Speck, der mit dem Vocalensemble Rastatt nicht nur die Aufführungen in Hamburg, sondern auch in Baden-Baden begleiten wird – dann allerdings nicht mit dem Ensemble Resonanz, sondern mit dem Freiburger Barockorchester.
Der Chor habe ihn schon bei Glucks „Orphée et Eurydice“ (2019) beeindruckt, sagt John Neumeier; es sei sein Wunsch gewesen, das Vocalensemble Rastatt nach Hamburg zu holen. Dass die Aufführung durch Live-Musik begleitet wird und nicht vom Band kommt, sei für Neumeier ein „großes Privileg“ - ein „weiterer Dialog“ und „lebendige Inspiration“.

Die aktuelle Ausgabe des Tanzfestivals in Baden-Baden geht vom 29. September bis zum 10. Oktober über die Bühne. Im Mittelpunkt stehen die Ballette „Dona Nobis Pacem“ (29. September bis 1. Oktober) und „Dornröschen“ (6. bis 10. Oktober) von John Neumeier. Der Choreograf präsentiert darüber hinaus eine „Ballettwerkstatt“ (30. September) sowie Choreografien von Absolventinnen und Absolventen der Ballettschule des "Hamburg Ballett John Neumeier" (9. Oktober).
In einem Podiumsgespräch spricht John Neumeier mit der Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs und dem Dirigenten Holger Speck über Johann Sebastian Bachs h-Moll-Messe und sein Ballett „Dona Nobis Pacem“. (1. Oktober, 14.30 Uhr, Kurhaus Baden-Baden, Runder Saal – Eintritt frei). Als Gastensemble ist das Kopenhagener „Kammerballetten“ am 7. und 8. Oktober im Theater Baden-Baden zu sehen (Details zum Programm unter www.festspielhaus.de)

Erstmals startet das Festspielhaus Baden-Baden bereits den Vorverkauf für das Folgejahr mit Beginn des diesjährigen Festivals. Im nächsten Jahr steht das Thema „Amerika“ im Mittelpunkt; vom 26. September bis zum 13. Oktober 2024 tanzen das Joffrey Ballet aus Chicago, das Hamburg Ballett sowie das Bundesjugendballett. Das Tanzfestival ist im kommenden Jahr erstmals dreiwöchig.