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Kritik

Der unbekannte Reger

| Christine Gehringer | Kritik

Zum Auftritt des Athos-Ensemble beim Herbstkonzert des Max-Reger-Instituts in Durlach

 

180924 Athos Reger

Als "chromatisches Gestrüpp" wurden Max Regers Gesänge teilweise bezeichnet; von den Volksliedbearbeitungen hieß es sogar, Reger habe die "duftigen Blüten der Volkspoesie übermalt". Wenig schmeichelhafte Urteile also - und sie gingen noch weiter; als "unsangbar" galten zum Beispiel manche Kirchenlieder.
Man mag sich gar nicht vorstellen, in welcher Qualität damals musiziert wurde - fest steht allerdings, dass Regers Gesänge noch heute auch erstklassige Vokalensembles bis an die Grenzen herausfordern.
Beim Herbstkonzert des Max-Reger-Instituts waren vor kurzem echte Preziosen mit dem Karlsruher Athos Ensemble zu hören. Und angesichts solcher Musik möchte man sagen: Ihr Chöre, nehmt mehr Reger ins Programm!   

Und am Ende leuchtet der Mond

| Christine Gehringer | Kritik

Zum Orgelkonzert mit Christian-Markus Raiser vor kurzem in der Evangelischen Stadtkirche Karlsruhe

 

CM Raiser Orgel

Das vorletzte Konzert des Orgelsommers gehörte dem Hausherrn: KMD Christian-Markus Raiser, Kantor der Evangelischen Stadtkirche in Karlsruhe, spielte Werke, die man sonst fast nie zu hören bekommt: Von Johann Christian Kittel zum Beispiel, einem Bach-Schüler. Oder von Karl Hoyer, der bei Max Reger studierte. Und am Ende zeigte Raiser eindrucksvoll seine eigene Improvisationskunst …

Große künstlerische Reife

| Christine Gehringer | Kritik

Eindrücke vom kürzlich zu Ende gegangenen Internationalen Klavierwettbewerb in Ettlingen

 

180812 Preistraeger Ettlingen

In der Cafeteria herrscht Stille. Nebenan, im Asamsaal des Ettlinger Schlosses, geht der internationale Klavierwettbewerb in seine letzte Runde – und dort, wo sich Gäste und Künstler zwischendurch erfrischen können, sehen jetzt alle aufmerksam auf einen Bildschirm. Denn die Wertungsspiele werden live übertragen: für diejenigen, die gerade keinen Platz im Saal gefunden haben. Dieser ist nämlich seit dem späten Vormittag voll besetzt; immer wieder warten draußen Menschen auf Einlass.
Es ist jedes Mal erstaunlich, diese jungen Heranwachsenden zu erleben, die musikalisch doch schon so viel Reife besitzen. Einen weiteren Eindruck davon gab das abschließende Preisträgerkonzert in der Ettlinger Stadthalle.

Virtuosität und große Linien: Ein Meister an der Orgel

| Christine Gehringer | Kritik

Samuel Kummer aus Dresden spielte in der Karlsruher Stadtkirche und brachte hauptsächlich eigene Werke mit.

Auf einer Konzertreise nach Guatemala, so erzählt der Organist Samuel Kummer, habe er mehr Zeit im Orgelgehäuse als am Spieltisch verbracht – nämlich um den ganzen Dreck aus der Orgel herauszuschaffen. Es habe gedauert, bis das Instrument wenigstens einigermaßen spielbar gewesen sei.
Solche Verhältnisse trifft man beim Karlsruher Orgelsommer natürlich nicht an, im Gegenteil: Die beiden Orgeln lassen nahezu jedes Repertoire zu. Und Samuel Kummer, aufgewachsen in Stuttgart, später Bezirkskantor in Kirchheim unter Teck und inzwischen einem größeren Publikum bekannt als Organist der Dresdner Frauenkirche – er kostet diese Verhältnisse vollständig aus, und zwar zum großen Teil mit eigenen Kompositionen.

Ungewohnte Klänge aus Polen

| Christine Gehringer | Kritik

Zum Konzert mit Bodgan Narloch beim Karlsruher Orgelsommer

 

180729 Bogdan Narloch

Es ist das Markenzeichen des Karlsruher Orgelsommers, dass die internationalen Künstler häufig – neben Schwergewichten wie etwa Johann Sebastian Bach oder dem Franzosen Charles-Marie Widor – vielfach Repertoire aus der Heimat mitbringen, das hierzulande so gut wie unbekannt ist.
Bogdan Narloch, Organist aus Koszalin in Polen und selbst künstlerischer Leiter eines Orgelfestivals, spielte Werke von Komponisten, die man zum großen Teil noch nicht einmal in einem gängigen Orgelführer findet: Theophil Andreas Volckmar zum Beispiel oder Alfred Hollins. Und so sind die Konzerte in der Evangelischen Stadtkirche jedesmal auch eine Art Fundgrube.

Kämpfe, Lust und Göttlichkeit

| Christine Gehringer | Kritik

Sommerfestspiele Baden-Baden: Valery Gergiev, das Mariinsky Orchester und Daniil Trifonov setzen den Schlusspunkt

 

180722 Trifonov Gergiev

Großes Orchester, schillernde Klangfarben und begeisternde Virtuosität – das war der Schlussakkord zu den diesjährigen Sommerfestspielen in Baden-Baden.
Valery Gergiev und das St. Petersburger Mariinsky Orchester boten unter anderem Werke, die man hierzulande eher selten hört: Skrjabins „Poème de l' Extase“ etwa oder seine dritte Sinfonie, „Le Divin Poème“. Dazwischen gab es Rachmaninows c-moll-Klavierkonzert mit Daniil Trifonov, der an zwei Abenden zu Gast war. Und zum Schluss ein „Stück fürs Publikum“: Mussorgskys „Bilder einer Ausstellung“.

Überströmende Lust am Herrn

| Christine Gehringer | Kritik

Gambenconsort "Les Escapades" stellt neue CD vor/ Werke von Johann Rosenmüller und Zeitgenossen

 

180716 Escapades Rosenmueller

Ein Herzensprojekt“ sei die Aufnahme gewesen, sagt Barbara Pfeifer, eine der vier Musikerinnern des Karlsruher Gamben-Ensembles „Les Escapades“. Mit der österreichischen Sopranistin und ECHO-Preisträgerin Miriam Feuersinger bestand bereits vorher Kontakt, zum Ensemble stießen außerdem die Geiger Cosimo Stawiarski und Christoph Riedo, dazu Simon Linné (Theorbe) und Evelyn Laib (Orgel). Insbesondere die Zusammenarbeit mit Cosimo Stawiarski erwies sich offenbar als Gücksfall: Denn der Geiger ,so erzählt Barbara Pfeifer, habe in mühevoller Arbeit die Stücke ausgewählt und in spielbare Noten umgesetzt.
Die Aufnahme „Habe deine Lust am Herrn“ (erschienen beim Label Christophorus) widmet sich den geistlichen Konzerten des Barockkomponisten Johann Rosenmüller und den Werken (unbekannter) Zeitgenossen – unter anderem von Georg Christoph Strattner, der an der Durlacher Hofkapelle tätig war.
Einige Ersteinspielungen finden sich darunter; vor kurzem stellte das Ensemble die neue CD vor.

Mozart und die Blutsauger

| Christine Gehringer | Kritik

Zur Aufführung "Lucio Silla" am Staatstheater in Karlsruhe

 

180708 Lucio Silla

Gerade einmal 16 Jahre alt war Wolfgang Amadeus Mozart, als er „Lucio Silla“ schrieb: eine erstaunlich düstere Oper, welche der romantischen Todessehnsucht vorgreift. Ursache dieser Hoffnungslosigkeit ist die Tyrannei eines Diktaktors, und musikalisch schlägt sich die Todesnähe nieder in der so genannten „Ombra-Thematik“. So ist diese Oper auch eine Gelegenheit, Mozart einmal mit überraschenden Klangfarben zu hören.
„Lucio Silla“, nochmals am 19. Juli am Staatstheater in Karlsruhe zu sehen, ist eine Kooperation mit dem Theater „La Monnaie“ in Brüssel. Regisseur Tobias Kratzer, der in Karlsruhe bereits die „Meistersinger“ und Meyerbeers „Prophet“ auf die Bühne brachte, macht daraus eine Geschichte über sexuelle Obsessionen.